Pressemitteilung Nr. 18/887

Henning: Aus Wirecard und Tönnies lernen – Gesetzliche Lücke zur Aushebelung der Mitbestimmung schließen

Pressemitteilung Nr. 18/887

Die Eklats bei den Konzernen Wirecard und Tönnies haben in den vergangenen Monaten für großes Entsetzen gesorgt und die mediale Berichterstattung täglich mit neuen Negativerkenntnissen gefüllt. „Beide Skandalbetriebe, ob in der Fleischindustrie oder in der Finanzbranche, eint, dass sie durch ein gesetzliches Schlupfloch die betriebliche Mitbestimmung ausgehebelt haben. Wir müssen Lehren aus den vergangenen Monaten ziehen und diese Gesetzeslücken schnellstmöglich schließen“, erklärt der stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Frank Henning.

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigte jüngst auf, dass sowohl Wirecard als auch Tönnies keine Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter im Aufsichtsrat der jeweiligen Konzerne sitzen hatten. „Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz sind Unternehmen, die mehr als 500, aber weniger als 2.000 Mitarbeiter im Betrieb beschäftigten, dazu verpflichtet, einen Aufsichtsrat einzurichten und diesen mit einem Drittel aus Vertreterinnen und Vertretern der Belegschaft zu besetzen. Ab dem 2.001ten Mitarbeiter ist dieser Anteil sogar auf die Hälfte anzuheben. Offenkundig haben Wirecard und Tönnies dies nicht gemacht – ein Zustand, der so nicht hinnehmbar ist. Betriebliche Mitbestimmung darf nicht mit Füßen getreten werden!“, so Henning weiter.

Dabei hätten sich die Skandalkonzerne zu Nutze gemacht, dass es keinen Automatismus gäbe, der die Mitarbeiterzahl der Tochterunternehmen dem Mutterkonzern zurechnet. Dahingehend bestehe von Gesetzeswegen keine Notwendigkeit, eine Arbeitnehmervertretung in den Aufsichtsrat aufzunehmen, wenn die Tochterunternehmen weniger als 500 Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter besitzen und kein Beherrschungsvertrag besteht. „Dass bekannte gesetzliche Lücken in den Mitbestimmungsgesetzen von Unternehmen missbraucht werden, darf nicht länger möglich sein. Vielfach haben die Gewerkschaften auf jenen Missstand aufmerksam gemacht, jetzt muss endlich gehandelt werden“, betont der Wirtschaftspolitiker der SPD.

„Sowohl Aufsichts-, als auch Betriebsräte haben in Deutschland einen wichtigen Stellenwert. Sie sind Kontrollinstanz, sollen ArbeitnehmerInnenrechte schützen und Manipulationen sowie Missbrauch, wie wir es zuletzt bei Wirecard und Tönnies gesehen haben, verhindern“, erklärt der SPD-Politiker. „Wir wollen, dass die Landesregierung sich über eine Bundesratsinitiative dafür einsetzt, dass diese gesetzliche Lücke endlich geschlossen wird und eine Ergänzung des Drittelbeteiligungsgesetzes vorgenommen wird. Außerdem müssen wie im Fall Tönnies auch vermischte Rechtsformen – dort waren es deutsche und dänische – unter den Mantel der Mitbestimmung fallen. Es darf nicht sein, dass hybride rechtliche Konstruktionen dazu führen, dass Mitbestimmungsrechte ausgehebelt werden. Wir werden mit diesem Vorschlag auf unseren Koalitionspartner zugehen.“

Henning ergänzt: „Klar ist auch, dass Unternehmen, die zukünftig die betriebliche Mitbestimmung missachten, mit Konsequenzen rechnen müssten. Es braucht eine Sanktionshandhabe.“

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