Pressemitteilung Nr. 18/722

Wernstedt: Sozialethische Initiative zur Folgenbewältigung der COVID-19-Pandemie notwendig

Pressemitteilung Nr. 18/722

Die Bewältigung der Corona-Pandemie stellt für eine nicht absehbare Zeit alle Lebensbereiche und unser Gesundheitssystem vor eine große Herausforderung. Das Coronavirus zeigt dabei mit seinen folgenschweren Konsequenzen nicht nur eine gesundheitspolitische, sondern auch eine wirtschaftliche und soziale Dimension auf.

„Jetzt und in den kommenden Monaten müssen politisch fortwährend Entscheidungen auf schlechter Datengrundlage und in sich ständig ändernden Situationen getroffen werden. Interessen für eine gesamte Bevölkerung kollidieren dabei mehr und mehr mit den Interessen der einzelnen Menschen oder verschiedener Gruppen“, erklärt die stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dr. med. Thela Wernstedt. „Durch Priorisierungsentscheidungen innerhalb unseres Versorgungssystems werden, bedingt durch die länger anhaltende Krisensituation, zunehmend bestehende Ungleichheiten zwischen Bevölkerungsgruppen verstärkt. Die Priorisierung der Ressourcen im Gesundheitssystem zur bestmöglichen Versorgung von an Covid-19 Erkrankten führt zu einer schlechteren Versorgung vieler anderer Patientengruppen. Eine politische, juristische oder virologische Bewertung allein kann der ethischen Herausforderung nicht gerecht werden!“

Sozialpolitisch müsse in besonderer Weise darauf geachtet werden, dass die politischen Entscheidungsgrundlagen wissenschaftlich untermauert werden. Hier könne sich die Unterstützung einer nationalen Taskforce „Covid-19-Evidenz“ als sinnvoll erweisen, wie am 25.03.2020 vom Berlin Institut of Health, dem Deutschen Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. (Netzwerk EBM) und der Akademie für Ethik in der Medizin (AEM) gefordert. Es sei zwingend notwendig, dass die Komplexität ethischer Konfliktsituationen, die Bestandteil politischer Entscheidungen sind, in dieser Krise professionell durch WissenschaftlerInnen begleitet und aufgearbeitet werde.

Verschiedene Wissenschaften müssten ihre Sichtweisen und Methoden beisteuern, wenn es um Fragen der Modellierung von Infektionsgeschehen gehe. Wernstedt weiter: „Hierbei geht es um ethische Fragestellungen, die indirekten Gesundheitsfolgen von Maßnahmen des Infektionsschutzes, gesundheitliche Aspekte sozialer Isolation, Risikokommunikation und -wahrnehmung sowie Auswirkungen auf vulnerable Gruppen. Auch Fragen hinsichtlich der Arbeit unter Infektionsbedingungen, Wirksamkeit und Nebenwirkungen von nicht-pharmakologischen Interventionen, Übergangsstrategien aus der Krise und Ideen für die aktuellen und zukünftigen Anforderungen an das deutsche Gesundheitssystem müssen in diesem Kontext diskutiert und beraten werden.“

Vor diesem Hintergrund fordert die SPD-Landtagsfraktion ein Expertengremium, das wissenschaftliche und lebensweltliche Expertise bündelt und bei der Krisenbewältigung hilft.

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